Bald schon neigt sich der Winter dem Ende zu. Oftmals wird auch dann die Stimmung besser, wenn die Tage länger werden. Wenn es nach mir ginge, würde sich gleich nach dem Jahreswechsel schon wieder der Frühling einstellen. Doch wir leben hier in Deutschland, somit sind wir regelmäßig einem nass-grauen Wetter ausgesetzt und stehen vor der Herausforderung, die Stimmung bei vorherrschender Dunkelheit und Kälte aufzuhellen.

Achtsamkeit und Akzeptanz hin oder her… Die Kälte, fehlendes Sonnenlicht und kurze Tage sind für den Körper eine geballte Herausforderung! Nicht selten leiden Stimmung, Antrieb, das Immunsystem und die Motivation in dieser Jahreszeit enorm. All dies kann im Winter relativ normal und in aller Regel harmlos sein. Sobald die Sonne wieder häufiger scheint, bilden sich diese Symptome meist vollständig zurück.
Nichtsdestotrotz kann der Winter-Blues hartnäckig und lästig sein! Das Positive ist, dass man so Einiges unternehmen kann, um dem Wintertief die Stirn zu bieten. Daher möchte ich heute ein paar Methoden beschreiben, die ich sowohl im klinischen Alltag meinen Patienten empfehle, als auch selbst versuche anzuwenden, um fit durch den Winter zu kommen und der Stimmung regelmäßig einen Boost zu verpassen!
Los geht’s…
1. Bau Bewegung in deinen Alltag ein: Dieser Punkt ist relativ selbsterklärend… Sport und Bewegung haben erwiesenermaßen auf unseren Körper und unser Gehirn eine antidepressive Wirkung. Daher rät es sich an, dem inneren Schweinehund gerade im Winter fleißig zu trotzen! Sport (z.B. leichtes Ausdauertraining) regt die Produktion von Glückshormonen an, die uns durch mangelndes Tageslicht oftmals fehlen. Diese nennen sich z.B. Serotonin, Dopamin und Noradrenalin. Eine erfahrene Therapeutin erklärte mir mal, dass sie Menschen mit leichten Depressionen vor Therapiebeginn anrate, mindestens einmal pro Woche Sport zu treiben, bevor sie mit der Psychotherapie bei ihr beginnen. Tatsächlich sei ihre Erfahrung dabei, dass ein Großteil der Therapie-Suchenden ihre Stimmungsschwankungen ohne die Aufnahme einer Therapie in den Griff bekämen, wenn sie eine regelmäßige Sportroutine aufbauten. Weiterer positiver Nebeneffekt: Sport stärkt unser Immunsystem und kann helfen, uns vor Grippe- und Erkältungsviren effektiver zu schützen.
2. Plane positive Aktivitäten ein: Ähnliches gilt auch für den Effekt von positiven Aktivitäten = Hobbys! Gerade wenn man beruflich sehr eingebunden ist, ist man oftmals geneigt nach Feierabend die Beine hochzulegen, um sich auszuruhen. Jedoch kann dies auch zur Falle werden, wenn man es im Winter versäumt alt geliebte Hobbys zu pflegen. Es ist ein wissenschaftlich anerkannter Fakt, dass ebenso wie auch Sport, positive Aktivitäten wie ein natürliches Antidepressivum auf die Stimmung wirken. Und solche positiven Aktivitäten sind selbstverständlich hoch individuell. Alles geht, was dein Herz zum Schlagen bringt: Musizieren, Kochen, Lesen, Schreiben, Zeichen etc., was auch immer DIR Spaß macht!
3. Pflege deine sozialen Kontakte: Nicht selten ist es so, dass wir uns unter schlechter Stimmung tendenziell eher zurückziehen. Wer diesem Rückzugsdrang zu häufig nachgibt, läuft jedoch Gefahr sich zu sehr zu isolieren und die Stimmung dadurch noch weiter zu verschlechtern. Denn gute Gesellschaft wirkt sich positiv auf unser Stimmungsbild aus! Oftmals ist es so, dass niedergeschlagene Stimmung uns zu genau dem bewegen möchte, was für unsere Stimmung eher schädlich ist. Also gerade dann, wenn sich ein Stimmungstief einstellt, ist es umso wichtiger die Fühler auszustrecken und unter Menschen zu gehen!
4. Begrenze negative Gedanken: Kennt ihr folgendes Phänomen… Euer Leben ist eigentlich in Ordnung. Doch plötzlich befällt euch eine schlechte Stimmung, die euch dazu bringt euch selbst, euer Leben und insgesamt viel zu vieles in Frage zu stellen? Wenn nicht: Lucky you! Jedoch ist genau das ein häufiges und gut untersuchtes Phänomen: unsere Stimmung beeinflusst unser Denken, und unser Denken beeinflusst unsere Stimmung. Das kleine Einmal-Eins der Psychotherapie. Bei schlechter Laune stechen einem plötzlich vor allem die Dinge ins Auge, die einem zuletzt nicht gelungen sind. Oder uns fallen die Dinge ein, die wir noch zu erledigen haben, oder die Dinge, die uns gewisse Sorgen bereiten. Das Sorgen und Grübeln ist wie ein Fass ohne Boden. Gewiss: unsere Gedanken sind dazu da, um Probleme zu lösen, wenn es uns mal nicht so gut gehen sollte. Wenn einem jedoch klar ist, dass die schlechte Stimmung vor allem auf den dunklen Winter zurückzuführen ist, ist es müßig in dieser schlechten Stimmung alle möglichen Probleme zu wälzen, ohne zu einer konstruktiven Lösung zu kommen. Denn genau dies nennt man Grübeln: der gedankliche Versuch ein Problem zu lösen, das gedanklich nicht zu lösen ist. Gerade bei schlechter Stimmung rät es sich an, seine Gedanken gut zu beobachten und darauf hin zu prüfen, ob sie uns einer Lösung näher bringen, oder eben nur dazu führen, dass wir uns schlechter fühlen. Fühlen wir uns durch diese Gedanken nur schlechter, machen uns runter usw., gilt es sich abzulenken, und Punkt 1, 2 und 3 zu berücksichtigen.
5. Praktiziere Achtsamkeit!: Selbsterklärend – auf diesem Blog darf Achtsamkeit nicht fehlen! Geht es uns nicht gut, ist unsere Stimmung schlecht, sind wir zum Grübeln geneigt, rückt Achtsamkeit oftmals in weite Ferne. Warum? Weil die Stimmung wohlmöglich niedergeschlagen, unruhig oder irgendwie schlecht auszuhalten ist. Unser Verstand möchte sich einer solchen Stimmung eher ungern stellen. Ohnehin haben wir in unserem Leben ja meist die Erfahrung gemacht, dass traurige Gefühle etwas Negatives sind. Wir werden angehalten nicht zu weinen, „stark“ zu sein (à la „Ein Indianer kennt keinen Schmerz.“ – Da dreht sich einem Achtsamkeitsfan der Magen um!). Somit wird einer gewissen grundlegenden Unachtsamkeit der Weg schon früh bereitet. Die Lösung? Bleib mit deiner Aufmerksamkeit bei deinem „mulmigen“ Gefühl. Schau es dir an. Achte auf deinen Atem und versuche mit einer wissenschaftlichen Neugier deine etwas unwohlen Gefühle zu untersuchen – bewerte sie nicht. Mache dir bewusst, dass im Hier und Jetzt keine Gefahr droht. Mache dir bewusst, was es im Hier und Jetzt für dich Positives gibt. Versuche dich im Hier und Jetzt zu verwurzeln. Mehr Magie gibt es hinter dem Begriff der Achtsamkeit letztlich nicht. Nutze dies, wenn die Stimmung schlecht ist! Wissenschaftliche Studien liefern Hinweise darauf, dass eine regelmäßige Achtsamkeitspraxis Stress reduzieren, die Lebensqualität verbessern und vor Depressionen vorbeugen kann.
6. Befrag deinen Arzt zu deinen Beschwerden: Es gibt diverse medizinische Wege, die sowohl nebenwirkungsarm sind, als auch dem ein oder anderen winter-assoziierten Übel entgegenwirken können: z.B. kann es ratsam sein, seinen Vitamin-D-Spiegel checken zu lassen, und ggfs. Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen. Man nimmt an, dass im Winter ein Großteil der Allgemeinbevölkerung unter Vitamin-D-Mangel leidet. Ähnlich wichtig wie das Vitamin D ist für unseren Körper auch das Vitamin B12, welches gerade unter Stress vermehrt vom Körper benötigt wird, und essentiell für unser Nervensystem ist. Man vermutet, dass auch das Immunsystem unter einem Vitamin B12-Mangel leiden kann. Wenn euch also der Blues packt, sprecht mit eurem Arzt über Vitamin B12, nur um sicher zu gehen! Wenn ein Mangel festgestellt oder vermutet wird, kann der Arzt unterschiedlich dosierte Ergänzungsmittel anordnen. Sind eure Vitamin-Spiegel im grünen Bereich, und die Stimmung trotzdem schlecht, können auch pflanzliche Präparate der Stimmung Auftrieb geben. So hat sich in einigen wissenschaftlichen Untersuchungen gezeigt, dass z.B. Mittel auf Lavendel-Öl-Basis einen positiven Einfluss auf die Stimmung beim Menschen haben können. Für weitere Infos, fragt euren Arzt oder Apotheker!
7. Geh an die frische Luft! Auch wenn die Lichteinstrahlung rar ist, sollte man diesen Faktor nicht komplett ausblenden. Sollte sich eine Möglichkeit ergeben, den ein oder anderen Sonnenstrahl mitzunehmen, sollte man dies ausnutzen. Also lieber mal das Auto stehen lassen, oder die zwei Bahnhaltestellen zu Fuß laufen. Kälte hin oder her – dick eingepackt kann man der Stimmung etwas Gutes tun, wenn man den Körper an die frische Luft bringt, das Gehirn mit frischem Sauerstoff versorgt, und die ein oder andere Spur Vitamin-D abbekommt.
8. Versuch dich nahrhaft zu ernähren….. Ich weiß, ich weiß… Die Weihnachtszeit steht an, was nach Spekulatius, Lebkuchen, Marzipan und Glühwein ruft. Ich bin ein großer Fan davon, und schwöre dem sicherlich nicht ab. Dennoch macht es Sinn neben all den Leckereien, die vielerorts reichlich angeboten werden, auf eine „gesunde Basis“ zu achten. Ich versuche bei meinen „Hauptmahlzeiten“ vollwertige Kost zu mir zu nehmen. Der leckere Rest kommt„on Top“, und soll ja auch bekanntermaßen Glückshormone freisetzen
Das war er schon – mein persönlicher Querschnitt durch die stimmungsaufhellenden Ansätze, auf die ich therapeutisch gerne mal zurückgreife. Im Grunde genommen geht es gerade im Winter darum, „gut“ zu sich zu sein und bei der Selbstfürsorge besonders viel Sorgfalt an den Tag zu legen.
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